Nachlese zur zweiten Digital Kitchen von SaxFDM

Wo gibt es bei Hauspartys die interessantesten Gespräche? Wo erfährt man am Arbeitsplatz etwas darüber, was Kolleg*innen gerade beschäftigt? In der Küche natürlich.

von Stephan Wünsche, veröffentlicht am 3. März 2021 unter: https://blog.ub.uni-leipzig.de/aus-der-datenkueche/

Zwanglose Küchengespräche werden von vielen zurzeit schmerzlich vermisst. SaxFDM, die Initiative für das Forschungsdatenmanagement in Sachsen, hat diese Begegnungen nun kurzerhand ins Digitale verlegt. Seit Anfang des Jahres lädt die Initiative zur Digital Kitchen. Das einstündige Format ist zwar nicht ganz so frei und spontan wie in einer wirklichen Küche, erlaubt aber weit mehr Menschen, einfach einmal vorbeizuschauen, mitzureden und mitzukochen. Zu einem thematischen Schwerpunkt werden Gäste eingeladen, die ihre Arbeitsfelder, Projekte und Ideen rund ums Forschungsdatenmanagement (FDM) vorstellen – und darüber miteinander und mit dem Publikum ins Gespräch kommen möchten.

Am 18. Februar lud SaxFDM zur zweiten Digital Kitchen. Zu Gast war der Rechtsexperte Thomas Hartmann vom FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur. Aus langjähriger Erfahrung an der Schnittstelle zwischen Recht und FDM hatte er unter der Überschrift »Rechtsverlässlichkeit im Forschungsdatenmanagement: Ideen für ein gemeinsames Anliegen« einige spannende Rezeptideen mitgebracht. Er betonte eine Reihe von Unterschieden, derer man sich bei Rechtsfragen zu Forschungsdaten bewusst sein sollte. Zunächst die ganz unterschiedlichen Blickwinkel und Erwartungen der Akteure. Während beispielsweise für Forschende der eigene Zugang zu Daten und deren Verwendung für die eigene Forschung eine wichtige Rolle spielt, interessieren sich etwa Einrichtungen der Forschungsförderung naturgemäß mehr für die öffentliche Zugänglichkeit von Daten.

Wesentliche Unterschiede zeigt auch der Vergleich zwischen Textpublikationen und digitalen Forschungsdaten: Während bei wissenschaftlichen Texten deren urheberrechtlicher Status in der Regel unumstritten ist, muss bei Forschungsdaten weit mehr differenziert werden. Daten können gemeinfrei sein, so dass Urheber- und Leistungsschutzrechte gar keine Rolle spielen, – sie können aber auch durch ihren Inhalt und ihre Produktionsweise in ein Geflecht aus verschiedenen Rechtspositionen verstrickt sein, so dass Rechte nicht nur bei den Forschenden selbst, sondern auch bei deren Arbeitgebern oder Drittmittelgebern sowie zusätzlich bei externen Rechteinhabern wie z. B. Medienunternehmen oder Studienpersonen liegen.

Zwischen diesen beiden Extremen liegen in der Praxis viele Abstufungen, die oft eine Einzelfallprüfung unerlässlich machen. Wem ›gehören‹ die Daten? Wer darf was damit tun? Hartmanns Plädoyer: Lokale Beratungsstrukturen sollten der erste Anlaufpunkt sein. Das FDM-Personal an den Einrichtungen bzw. bei Landesinitiativen wie SaxFDM müsse fit gemacht werden, immer wieder auftauchende Fragen grundsätzlich zu beantworten. Für komplizierte Fälle seien neben den Justiziariaten vor Ort auch überregionale und fachspezifische Beratungsangebote aufzubauen. Hier könnte die Nationale Forschungsdateninfrastruktur NFDI bzw. deren einzelne Konsortien wichtige Hilfestellungen leisten.

Sowohl die Zahl der Gäste in der digitalen Küche – deutlich über 100 hatten sich eingefunden – als auch deren Nachfragen zeigten, dass Thomas Hartmann einen Nerv getroffen hatte. In der vom Autor dieses Beitrags moderierten Diskussion wollten die Anwesenden unter anderem wissen, ob Rechtsberatung zu Einzelfällen nicht eigentlich streng reglementiert sei. Im Prinzip ja, so Hartmann, aber nicht bei Beratungen innerhalb einer Einrichtung oder in mitgliedschaftlichen Strukturen. Ob die Beratenden nicht auch ein Haftungsrisiko eingingen? Ja, aber ein extrem geringes, da im äußerst unwahrscheinlichen Fall eines Rechtsstreits in der Regel zuerst die Einrichtung haften würde und nicht die Person. Insgesamt ermutigte Hartmann sein Publikum, sich angstfrei und pragmatisch mit Rechtsfragen beim Forschungsdatenmanagement auseinanderzusetzen und sich aktiv einzubringen bei der Entwicklung eines wissenschaftsfreundlichen Rechtsrahmens für das Forschungsdatenmanagement.

Die Folien zu Thomas Hartmanns Impulsvortrag sind auf Zenodo veröffentlicht.